ART COLOGNE Rückblick für Kunststudierende - Was angehende Künstler:innen von aktuellen Positionen lernen können
- Paula Schmidt
- 21. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Die ART COLOGNE gehört zu den wichtigsten Messestationen für zeitgenössische Kunst in Europa. Für viele Besucher:innen ist sie Inspiration, Trendbarometer und Seismograf dafür, in welche Richtungen sich die Kunst entwickelt. Für angehende Künstler:innen – und damit für alle, die eine Ausbildung oder ein Studium am IBKK planen – ist sie vor allem eines: ein Lernort. Ein Ort, an dem sich beobachten lässt, wie unterschiedlich künstlerische Handschriften sein können, wie präzise Techniken heute eingesetzt werden und wie klar Positionen formuliert sind.

Unser Rückblick für Kunststudierende - Wer verstehen möchte, wie professionelle Künstler:innen ihre Themen finden, visuelle Entscheidungen treffen und Material gezielt einsetzen, bekommt auf der ART COLOGNE einen seltenen Einblick. Einige Werke haben uns in diesem Jahr besonders beschäftigt – und sie zeigen exemplarisch, welche Fähigkeiten heute wirklich wichtig sind, wenn man selbst künstlerisch arbeiten will.
Rückblick für Kunststudierende – was Werke von Helene Appel & Julia García vermitteln
Helene Appels Arbeiten wirken oft wie präzise Abbildungen von Alltagsobjekten – und dennoch geht es ihr nicht um Realismus im klassischen Sinne. Sie beobachtet Strukturen, Oberflächen, Schatten und räumliche Andeutungen so genau, dass bereits ein einzelner Pinselstrich zu einer Art „Materialbehauptung“ wird. Was angehende Künstler:innen davon lernen können:
Technik ist kein Selbstzweck. Appels Virtuosität ist nicht nur handwerklich beeindruckend, sie schafft Bedeutung.
Reduktion braucht Präzision. Wenige, aber gezielte malerische Entscheidungen wirken oft stärker als detailreiche Überfrachtung.
Beobachtung ist ein Skill. Appels Werk zeigt, wie wichtig es ist, wirklich hinzusehen – eine Fähigkeit, die im Malerei- & Grafikstudium am IBKK kontinuierlich geschult wird.

Das Werk von Julia García, das wir auf der ART COLOGNE gesehen haben, zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Sensibilität gegenüber Materialtextur und Form aus. Oft schichtet sie organische Elemente, lässt Linien ausfransen, Oberflächen altern oder bewusst uneben wirken. Ihre Arbeiten erzählen nicht nur etwas – sie sind etwas. Was Studierende daraus mitnehmen:
Material ist kein Werkzeug, sondern eine Stimme.
Unregelmäßigkeiten sind kein Fehler. Im Gegenteil: Sie erzeugen Charakter.
Experimentieren ist essenziell. Im künstlerischen Prozess gibt es Phasen, die ungewiss sind – wer lernt, damit umzugehen, entwickelt eine eigene Handschrift.

Druckgrafik zwischen Präzision und Zeit – Christiane Baumgartner
Christiane Baumgartner arbeitet mit Holzschnitten, die in ihrer Größe, Präzision und atmosphärischen Wirkung einzigartig sind. Sie verbindet eine jahrhundertealte Technik mit zeitgenössischen Bildmotiven – etwa unscharfen Videostills – und schafft damit Werke, die zwischen Zeitlupe und Erinnerungsfragment schweben. Was Studierende daraus lernen können:
Künstlerische Techniken sind nicht alt – sie werden neu genutzt.
Langsamkeit ist ein Prozess, der Ergebnisse transformiert. Baumgartner arbeitet wochenlang an einem einzigen Druckstock.
Motiv & Technik müssen sich gegenseitig verstärken. Die Unschärfe ihrer Motive funktioniert nur deshalb so eindrucksvoll, weil die Holzschnitttechnik sie „übersetzt“.

Textile Strukturen als künstlerische Sprache - Eliska Konecna
Eliska Konecna arbeitet mit Textil, Gewebe und materialbasierten Verfahren, die oft im Grenzbereich zwischen Kunst, Handwerk und Objektstudie angesiedelt sind. Ihre Werke bestehen aus feinen Fäden, Schichtungen, Vernähungen und Strukturen, die auf den ersten Blick grafisch wirken, tatsächlich aber aus textilen Prozessen heraus entstehen.
Statt Linien zu zeichnen oder zu drucken, webt, näht oder spannt Konecna Linien in den Raum. Statt Fläche zu bemalen, baut sie sie. Statt Muster zu drucken, erschafft sie sie durch Wiederholung im Material selbst.
Was Studierende daraus lernen können:
Textil ist ein ernstzunehmendes künstlerisches Medium. Konecna zeigt, wie weit man sich vom Vorurteil „Kunst = Leinwand“ lösen kann.
Material hat eine eigene Logik. Faden, Stoff, Struktur reagieren anders als Farbe oder Holz – wer Material studiert, versteht seine Potenziale.
Kunst entsteht durch Wiederholung und Variation. Viele ihrer Arbeiten entwickeln sich aus kleinen, konsequent durchgehaltenen Handlungen: Knüpfen, Spannen, Weben.
Rhythmus ist ein Gestaltungsmittel. Textile Kunst macht sichtbar, wie Muster, Lücken und Überlagerungen Kompositionen tragen können.
Langsamkeit formt Ästhetik. Ihre Werke sind zeitintensiv – und genau diese Langsamkeit zeigt sich in der Konzentration ihrer Form.

Wenn man die diesjährige ART COLOGNE mit Vorjahren vergleicht, fällt vor allem eines auf: Weniger Ablenkung, weniger Überflutung, dafür mehr inhaltliche Tiefe und technische Raffinesse.
Besonders bemerkenswert war:
Die starke Präsenz weiblicher Positionen, die nicht über Themen, sondern über Haltung überzeugten.
Die Rückkehr zu Langsamkeit, Genauigkeit und Prozesshaftigkeit.
Die Mischung aus klassischer Technik (Holzschnitt, Ölmalerei) und zeitgenössischer Sensibilität (Videostills, Fragmentierungen, Materialexperimente).
Die sichtbare Verschiebung hin zu nachhaltigen Produktionsmethoden und bewusster Materialwahl.
Ein spürbarer Generationswechsel: Jüngere Künstler:innen setzen weniger auf Marktschreierei und mehr auf Stringenz.
Diese Trends sind wichtig für alle, die heute ein Kunststudium beginnen. Sie zeigen, wohin sich der Kunstmarkt bewegt – und welche Fähigkeiten in Zukunft relevant sind: Materialwissen, Kompositionsstärke, konzeptuelle Klarheit und reflektiertes Denken.
Du bist an einem künstlerischen Studium oder einer Ausbildung interessiert?
Kontaktiere uns gerne!
FAQ – Was Kunststudierende von der ART COLOGNE mitnehmen können
Warum ist ein Besuch einer Kunstmesse für Studierende wertvoll?
Weil man dort sieht, wie unterschiedlich künstlerische Handschriften aussehen können – und wie wichtig eine klare, individuelle Position ist.
Was bringt es, Werke so genau zu analysieren?
Analyse schult das Gespür für Material, Technik, Komposition und die narrative Wirkung eines Bildes – Fähigkeiten, die im Studium unverzichtbar sind.
Was lernt man im Kunststudium, das man auf einer Messe wiedererkennt?
Die Fähigkeit, bewusst zu entscheiden: Farbe, Linie, Material, Technik – jede Wahl trägt Bedeutung.
Welche Rolle spielt Technik heute noch?
Eine enorme: Viele starke Messepositionen – von Appel bis Baumgartner – leben von handwerklicher Präzision, kombiniert mit zeitgenössischer Haltung.
Kann ich solche Techniken am IBKK lernen?
Ja. Gerade die Studiengänge Malerei & Grafik, Visual Arts und ein Besuch der Paper Print bieten sowohl klassische als auch experimentelle Zugänge.


