Sucht & Kunsttherapie – Wenn Kunst zur Heilung beiträgt
- Paula Schmidt
- 6. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Ein Weg aus der Stille: Wie Kunst die Seele berührt
Wenn Kunst und Therapie aufeinandertreffen, entsteht etwas zutiefst Menschliches. Die aktuelle Ausstellung „Sucht & Kunsttherapie“ in der E.ON-Zentrale in Essen zeigt eindrucksvoll, wie kreativ-schöpferische Prozesse Suchterkrankungen sichtbar machen – und Heilung ermöglichen. Vom 25. Oktober bis 8. November zieht die Ausstellung in das Kunst- und Galeriehaus des IBKK Design- und Kunstzentrums, wo sie neue Perspektiven auf die Verbindung von Kreativität, Reflexion und Selbstheilung eröffnet.

Menschen, die mit Abhängigkeiten leben, stehen oft im Schatten der Gesellschaft. Kunsttherapie bietet ihnen eine Stimme – eine Sprache jenseits von Worten. In Malerei, Collage, Skulptur und Installation verarbeiten die teilnehmenden Künstler:innen ihre Erfahrungen mit Sucht, Schmerz und Neuanfang. Das Besondere: Die ausgestellten Werke stammen sowohl von professionellen Künstler:innen als auch von Teilnehmenden aus kunsttherapeutischen Projekten, die am IBKK entstanden sind.
Diese Ausstellung ist mehr als eine Schau – sie ist ein Dialog über Verletzlichkeit, Ausdruckskraft und Heilung. Besucher:innen erleben, wie Kunst zu einem Instrument der Selbstwahrnehmung wird – und warum sie in Therapie und Bildung längst nicht mehr wegzudenken ist.
Kunst als Brücke: Wenn Kreativität Teil der Kunsttherapie wird
Kunsttherapie ist keine „Randdisziplin“ mehr, sondern zunehmend integraler Bestandteil psychosozialer Arbeit. In den kunsttherapeutischen Studien- und Weiterbildungsangeboten des IBKK Design- und Kunstzentrums werden die theoretischen Grundlagen und die praktische Anwendung vermittelt. Künstlerisch-therapeutisches Arbeiten wird hier als Begegnung verstanden – zwischen Mensch und Material, Gefühl und Form.
Die Ausstellung Sucht & Kunsttherapie zeigt, wie Malerei und kreative Gestaltung das Unsagbare greifbar machen können. Ein Werk mit expressiven Pinselstrichen etwa spiegelt die Spannung zwischen Kontrolle und Kontrollverlust, während eine Serie aus wiederkehrenden Formen das Ringen um Stabilität darstellt. Viele der beteiligten Künstler:innen berichten, dass das Gestalten für sie ein Ventil war – ein Prozess, der Erkenntnis und Befreiung zugleich brachte.
„Ich habe durch die Kunst wieder gelernt, mich selbst wahrzunehmen“, erzählt eine Teilnehmerin. Diese Erfahrung macht deutlich, dass Kunsttherapie nicht nur Symptome bearbeitet, sondern Selbstwirksamkeit stärkt – ein zentraler Faktor in jeder Suchtbewältigung.
Das IBKK fördert diese Ansätze durch Workshops, Ausbildungen und berufsbegleitende Studiengänge, die Theorie, künstlerische Praxis und Selbsterfahrung verbinden. Damit bietet das Institut nicht nur Raum für kreatives Lernen, sondern auch für persönliche Entwicklung.
Neue Perspektiven im Umgang mit Sucht
Ein zentrales Ziel der Ausstellung ist es, gesellschaftliche Tabus aufzubrechen. Sucht wird hier nicht als Schwäche, sondern als komplexes Zusammenspiel von Emotion, Erfahrung und Identität dargestellt. Besucher:innen sollen sich nicht als Zuschauer:innen, sondern als Teil eines Dialogs verstehen – zwischen Kunst, Wissenschaft und Menschlichkeit.
Die Verbindung von Kunst und Therapie kann neue Wege eröffnen – in der Suchtprävention, in der Rehabilitation und in der künstlerischen Bildung. Besonders in der heutigen, leistungsorientierten Zeit sind kreative Ausdrucksformen ein wichtiger Gegenpol: Sie schaffen Freiraum, wo Kontrolle herrscht, und geben Gestalt, wo Worte fehlen.
Die Ausstellung im Kunst- und Galeriehaus des IBKK lädt dazu ein, genau diesen Raum zu betreten: einen Ort der Begegnung zwischen Kunst und Leben, zwischen Krise und Neubeginn.


